Weigert sich der Verkäufer nach Vertragsrücktritt des Käufers, die mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, kann dies einen Schadensersatzanspruch des Käufers wegen Verletzung von Rücksichtnahmepflichten im Rückgewährschuldverhältnis zur Folge haben. Das hat der BGH entschieden.
Ein Bauunternehmen errichtete einen Park- und Containerverladeplatz und verbaute dabei knapp 22.500 Tonnen Recycling-Schotter, die es von einem Baustoffhändler erworben hatte. Später stellte sich heraus, dass der Schotter mit Arsen belastet war. Das Bauunternehmen wurde deshalb von seiner Auftraggeberin in Anspruch genommen. Es trat seinerseits vom Vertrag mit dem Baustoffhändler zurück, der in der Folge zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt wurde. Anschließend forderte das Bauunternehmen den Baustoffhändler auf, den Schotter abzuholen – was der aber nicht tat. Deshalb klagte das Bauunternehmen unter anderem auf Ersatz der Kosten, die bei ihm für Ausbau und Entsorgung des Schotters sowie für den Einbau neuen Schotters angefallen waren.
In erster und zweiter Instanz blieb die Klage ohne Erfolg. Das OLG war unter anderem der Ansicht, ein Schadensersatzanspruch lasse sich nicht damit begründen, der Baustoffhändler habe schuldhaft eine Rücksichtnahmepflicht im Rückgewährschuldverhältnis verletzt. Denn § 346 Abs. 1 BGB gebe dem Verkäufer nur einen Anspruch auf Rückgewähr der Kaufsache, verpflichte ihn aber nicht, diese zurückzunehmen.
Die Revision des Bauunternehmens beim BGH führte zur Zurückverweisung der Sache. Die umstrittene Frage, ob der Verkäufer verpflichtet ist, die Kaufsache zurückzunehmen, hat der BGH dabei offengelassen. Für die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs des Bauunternehmens nach § 280 Abs. 1 BGB komme es darauf nicht an. Denn in der Weigerung des Verkäufers, nach einem wirksamen Vertragsrücktritt des Käufers die mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, könne jedenfalls aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls – hier Arsenbelastung großer Schottermengen – eine Verletzung von Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) im Rückgewährschuldverhältnis liegen (Urteil vom 29.11.2023 – VIII ZR 164/21).
Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB bestünden auch im Rückgewährschuldverhältnis nach den §§ 346 ff. BGB: Auch hier habe jede Partei ein schutzwürdiges Interesse daran, dass sich ihre Lage nicht verschlechtert. Schon der weitere Verbleib der Sache beim Käufer könne ihn, da er für sie bis zur Rücknahme verantwortlich sei, allerdings erheblich belasten – insbesondere, wenn er sie entsorgen müsse.
Gewährten die vorgesehenen Möglichkeiten bei Rückgewährschuldverhältnissen (unter anderem Verwendungs- und Aufwendungsersatz nach § 347 Abs. 2 BGB und Annahmeverzugsfolgen) dem Käufer dann keinen ausreichenden Schutz, ist laut BGH regelmäßig ein Verstoß des Verkäufers gegen seine Rücksichtnahmepflicht anzunehmen, wenn er die Sache nicht zurücknimmt, obwohl die besondere Belastung des Käufers für ihn erkennbar ist.
Die Rücknahme sei dem Verkäufer in solchen Fällen auch zumutbar. Nur die Rücknahme der Kaufsache könne hier eine Verletzung des Integritätsinteresses des Käufers abwenden. Das Interesse des Verkäufers, nicht belastet zu werden, müsse zurücktreten. Denn nach der gesetzgeberischen Wertung der Kaufgewährleistungsregelungen in Verbindung mit mit §§ 346 ff. BGB sei die Kaufsache mit der Umgestaltung des Kaufvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis endgültig wieder dem Verkäufer zugewiesen.
BGH, Urteil vom 29.11.2023 – VIII ZR 164/21
(Quelle: Redaktion beck-aktuell, hs, 31. Jan 2024)